Die Anfänge

Im ersten Jahrhundert war Groß-Gerau ein römisches Kastell. In den Dokumenten des Klosters Fulda wird der Ort im Jahre 910 mit dem Namen curtis geraha erwähnt. Im Jahr 1300 existierte am Ort ein befestigtes Dorf, das 1398 die Stadtrechte bekam, diese wurden ihm aber wieder entzogen, als es 1479 Teil der Landgrafschaft Hessen wurde. Erst im Jahr 1663 wurde Groß-Gerau wieder zur Stadt erklärt. Nach dem ersten Weltkrieg war dort die französische Besatzungsmacht stationiert, die den Ort erst am 30.06.1930 wieder verließ. Im zweiten Weltkrieg wurde ein Drittel der Stadt durch Bombenangriffe zerstört und sie wurde am 23.03.1945 von amerikanischen Soldaten erobert. Heute ist Groß-Gerau Kreisstadt des Landkreises Groß-Gerau mit 22.000 Einwohnern.

   

Erste Informationen über Juden in Gerau stammen aus dem Jahr 1236. Kaiser Rudolf aus dem Hause Habsburg "verpfändete" Graf Wilhelm von Katzenelnbogen einige Juden (Info-Kasten "Judenschutz"). Zum Teil lebten sie in Gerau. Die Juden waren für den Grafen eine gute Geldquelle. Er war der Feudalherr und begnügte sich nicht mit den üblichen Steuern, welche die Juden zahlten. 1330 preßte er aus ihnen zusätzliche Gelder heraus. Es gibt eine Urkunde aus dem Jahr 1401, die über Zahlungen der Judensteuern von 4 Juden in den Rechnungsbüchern der Grafschaft von Katzenelnbogen berichtet (Judengelt).


Das Dornberger Schloß war zwischen 1259 und 1479 Sitz der Grafen von Katzenelnbogen

Info-Kasten "Judenschutz" im Mittelalter
Der erhöhte Königsschutz, der den Juden in den königlichen Landfrieden des 12. und 13. Jahrhunderts versprochen wurde, hatte zur Folge, daß die offiziell als schutzbedürftig Geltenden immer mehr für unfähig angesehen wurden, Waffen zu führen, obwohl ihnen das Waffenrecht gesetzlich bis weit ins 14. Jahrhundert hinein nicht abgesprochen wurde. Wie schon früh in England und Frankreich, so wurden in zunehmendem Maße auch in Deutschland die Juden allgemein als Knechte ihrer christlichen Herren angesehen, da Gott sie (...) zu ewiger Knechtschaft verdammt habe. Die Gewinne aus der jüdischen Geschäftstätigkeit wurden vom König und von den Fürsten, denen er den Judenschutz überließ, gewissermaßen als Gewinne des eigenen Wirtschaftsbetriebes betrachtet. Als königliche "Kammerknechte" - die Bezeichnung erscheint erstmals 1236 - standen schließlich alle Juden im Reich in einem engen Unterordnungsverhältnis zum König und zu seiner Wirtschaftsverwaltung. Ihre finanzielle Ausbeutung galt als königliches Monopol, als "Regal". Die Einkünfte aus diesem sogenannten Judenregal bildeten, soweit der König sie nicht verpfändete oder zu Lehen ausgab, einen der bedeutendsten Einnahmeposten der königlichen Kammer.

Abgesehen von dem wirksamen Schutz von direkten Verfolgungen wurde aber im frühen 14. Jahrhundert die Lage (...) der( ...) Juden allgemein immer schwieriger. Einerseits wuchs ihr geschäftliches Risiko unter anderem dadurch, daß ihre Schutzherren sie von Zeit zu Zeit zwangen, ihre Zinsforderungen gegenüber bestimmten Schuldnern zu reduzieren oder ganz auf sie zu verzichten, andererseits suchten eben diese Schutzherren, ihre eigenen Einkünfte von den Juden immer mehr zu steigern. Der oberste Schutzherr schloß sich nicht aus: Kaiser Ludwig der Bayer erfand 1342 eine Sonderabgabe von einem Gulden, den man später den "güldenen Opferpfennig" nannte; er mußte alljährlich von jedem männlichen Juden ab zwölf Jahren und von jeder Judenwitwe im Reiche an den König bezahlt werden, unabhängig davon, an wen dieselben Juden ihre gewöhnlichen Steuern zu entrichten hatten.

aus: Ludwig Falck, Glanz und Elend der mittelalterlichen Judengemeinde, in: Juden in Mainz. Katalog zur Ausstellung der Stadt Mainz, Mainz 1978, S. 28 und 32

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